Einführung
Das Medium Video hat sich seit Beginn der 2000er Jahre zum festen Bestandteil der zeitgenössischen Kunstpraxis und Ausstellungswelt etabliert. Videofilmen und Videoinstallationen wird gegenwärtig ein gesteigertes öffentliches Interesse entgegengebracht, wie beispielsweise die ortsspezifische Mehrkanalinstallation „Silence, Exile, Deceit“ des schottischen Turnerpreisträgers Douglas Gordon in der Kokerei Zollverein Essen anlässlich der Ruhrtriennale 2013 zeigt. Rückblickend lässt sich nach 40 Jahren Videokunst ausmachen, dass sich das Video aus der Verwandtschaft zum Kino, zum Kurz‑, Dokumentar- und Experimentalfilm zu einer höchst komplexen eigenständigen Bildgattung emanzipiert hat. Der Aufbau von Videokunstsammlungen in Museen und im Bereich des privaten Sammelns, die künstlerische Ausbildung in eigenen Fachbereichen der Akademien oder sogar auf speziell auf Medienkunst ausgerichteten Hochschulen sowie zahlreiche Videokunstpreise und ‑Festivals bestätigen diese Entwicklung.
Aktuell ist das Video zum elementaren Medium der Reflexion über Bildrepräsentation avanciert. In einer Welt voll von generierten Bildern ist die heutige Kunstproduktion nicht mehr hauptsächlich auf die Genese eines Bildes beschränkt, sondern richtet den Fokus stärker auf bereits existierende Bilder. Dazu gehören Gedanken und Ausformulierungen zur künstlerischen Produktion generell, aber auch zur Bildwiedergabe, zur Relation von Bild und Sprache, Körper und Raum.
Als nicht-kommerzielle private Initiative trägt der Kunstpreis der Baustelle Schaustelle zu einer Vielfalt und Lebendigkeit bei und existiert unabhängig von der institutionellen Förderungslandschaft. Die Preisträger 2013 zeichnen sich jeweils individuell in bemerkenswerten Ansätzen in den Bereichen Format, Technik und Plot aus.
Das Duo Markus Hanakam und Roswitha Schuller folgt in „Crystal Cathedral“ einem formal seriellen, rhythmischen Aufbau. Das dargestellte pseudo-wissenschaftliche Modell gerät zur absurden Beweisführung und befragt durch die im Voice Over gesprochene agitatorische Rede eines Fernsehpredigers eindringlich die Bedeutung von Bild und Tonschnitt.
Anuk Miladinovic erzählt in „Access“ die Wirren des Alltagslebens in der Paarung analoger und digitaler Rauminszenierungen. Ohne Dialoge auskommend, kann sich der tragikomische Plot in der Tradition des Stummfilms entwickeln.
Paran Pour überträgt in „Life on the Line“ die Kälte der hyperrealistischen Präsenz der High-Definition Kamera auf Beispiele eines rationell ausgerichteten Urbanismus. Die Welt aus der Abstraktion betrachtend, richtet sie den Blick damit auf eine Entkörperlichung im eigentlichen wie im übertragenen Sinn.
Claudia Larcher schafft mit der digitalen Collage „Empty Rooms“ Vorstellungsräume. Aus Fotomaterial animiert entstehen piranesiartige Architekturphantasien.
Julia Weissenberg thematisiert in „Schneestrum“ die Polarität von Materialität und Immaterialität. Ihr Video nähert sich dem vollzogenen Wandel zur digitalen Bildwelt in einem narrativen Spannungsbogen.
Bjørn Erik Haugen hat „Repeatual“ durch Kopier- und Abspielprozesse erzeugt. Das strukturalistisch angelegte Video führt genau zur Infragestellung dieses Prozesses als künstlerisches Medium wie auch des originären Werkbegriffs und der künstlerischen Autorenschaft.
Anke Volkmer
Fotos vom 27. und 29.09.2013
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Fotos: www.eventfotograf.in
Videoscreening: 27. und 29. September — jeweils 19:00 Uhr und 20:30 Uhr/// Brigittastraße 9, 45130 Essen
2013 haben wir junge Videokünstler eingeladen, Arbeiten zum Kunstpreis 2013 der //Baustelle Schaustelle// einzureichen.
Aus 86 Einsendungen wählte die Jury Anke Volkmer, Dr. S. Kreuzer(e), Dr. Th. Kremer, Dr. Georg Elben, Prof. Gudrun Kemsa, Dr. Marcel Schumacher(e) 5 Preisträger aus. Ein Sonderpreis wurde für die Arbeit von Bjørn Erik Haugen gestiftet.
Einführung: Anke Volkmer am 27.09 um 19:00 Uhr
Markus Hanakam & Roswitha Schuller
Crystal Cathedral ist ein Kirchenbau in Kalifornien, ein Prototyp für das System der Megachurches in den USA. In dem Video von Markus Hanakam und Roswitha Schuller führt die Voice-Over-Stimme den Zuschauer durch eine absurde Medieninszenierung.
Anuk Miladinovic führt immer in ihren Arbeiten einen Dialog mit dem Umfeld. In dem Video ist es eine Ironie zur Alltäglichen, zur gewöhnlichen Umwelt zu sehen. Die Machtlosigkeit der Menschen führt zu einer gewissen Melancholie.
Paran Pour
In dem Video „Life on the line“ hat Paran Pour verschiedene Wohnviertel in der Umgebung von Wien gefilmt. In ihren Arbeiten beobachtet sie die zeitgenössischen Lebensformen und kulturellen Transformationsprozesse der fremden Umgebung.
Die Arbeit von Claudia Larcher ist eine digitale Fotomontage, die zu einer Videoanimation wird. Sie zeigt das Interesse der Künstlerin für Räume, die mit Heimatgefühl, Vertrautheit und Erinnerung verbunden sind.
Julia Weissenberg
Der Film zeigt eine Gedächtnissportlerin beim Memorieren eines Binärcodes. Die Künstlerin beschäftigt sich mit den Fragen der Wirklichkeitserfassung, der Speicherung und Repräsentation von Informationen.
Bjørn Erik Haugen
Die Arbeit entsteht aus 100 Wiederholungen von einem kleinen Teil des Filmes „Wicker Man“. Die wurden 100 mal hin und zurück auf dem VHS Video-Recorder und DVD Recorder geschrieben. Im Mittelpunkt steht die Problematik der menschlichen Wahrnehmung der Realität, die von verschiedenen Medien beeinflusst wird.