Die Aus­stel­lung mit einer wand­um­fas­sen­den Arbeit von Julio Her­rera ist bis zum 13.12. verlängert.
Zum Abschluss laden wir herz­lich zusam­men mit dem Künst­ler zur Finis­sa­ge am 13.12 ein.

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Finis­sa­ge: Sams­tag, 13. Dezem­ber — 18.00 Uhr
Bau­stel­le Schau­stel­le e.V. | Bri­git­tastr. 9, 45130 Essen
31.10. bis 13.12.2014 | Öff­nungs­zeit: Mitt­wochs 15.30 — 18.00 Uhr und nach Vereinbarung

Eröff­nung: Frei­tag, 31. Okto­ber — 19.00 Uhr | Ein­füh­rung: Dirk Loiberzeder

Rede zur Aus­stel­lungs­er­öff­nung von Julio E. Her­rera Flo­res in der Bau­stel­le Essen
von Dirk Loiberzeder

Sie sehen in die­ser Aus­stel­lung ver­sam­melt Zeich­nun­gen Papier­ar­bei­ten und zwei gro­ße Gemäl­de des Künst­lers, davon eine Wand­ar­beit. Für eini­ge Künst­ler und Aus­stel­lungs­ma­cher ist die­ses Zusam­men im glei­chen Raum an sich schon eine Grat­wan­de­rung: sehr groß­for­ma­ti­ge, sehr prä­sen­te Gemäl­de, auf dickem Keil­rah­men und zwei eher klei­ne­re Zeich­nun­gen, auf Papier, dazu mit eher fei­ner Linie von brü­chi­ger Krei­de gezeichnet…ein offen­sicht­li­cher Gegensatz.

Die noch grö­ße­re Dis­kre­panz jedoch scheint durch die Art des Künst­le­ri­schen Ansat­zes gege­ben: auf der einen Sei­te eine nahe­zu rein abs­trak­te, oder auch: kon­kre­te Male­rei, die jeden nach­zu­ah­men­den Gegen­stand ver­bannt zu haben scheint;
auf der ande­ren Sei­te die Zeich­nun­gen, die ihr Ent­ste­hen gera­de­zu einer Fas­zi­na­ti­on durch den Anblick der sicht­ba­ren Welt ver­dan­ken, und wo sich der Künst­ler mit gro­ßer Ein­fühl­sam­keit an die Wie­der­ga­be des Gese­he­nen gemacht hat. Ein­mal zeich­net er eine jun­ge Frau, viel­leicht sei­ne Freun­din, beim zwei­ten Mal einen Baum, mög­li­cher­wei­se einen, den er vom Fens­ter sei­ner Woh­nung aus sieht…

Wes­halb die­se offen­sicht­li­che Diver­genz? Ist der Künst­ler inkon­se­quent oder nicht strin­gent genug in sei­nem Schaf­fen? Soll­te er sich nicht lie­ber auf ein Feld beschrän­ken, um dort in kon­zen­trier­tem Tun in sei­ner Arbeit wei­ter fort­zu­schrei­ten, sei­ner Sache noch wei­ter nach- ja, auf den Grund zu gehen?

Die­se Gedan­ken beru­hen auf einem Irr­glau­ben. Kunst ist kein Fort­schrei­ten auf einem fest­ge­leg­tem Weg, den man nur kon­se­quent wei­ter gehen muss, um an irgend­ein Ziel zu kommen.
Es gibt über­haupt kei­nen Weg in der Kunst. Es gibt auch kein Ziel. Kei­nen Fortschritt.…dies alles sind Denk- oder Sprach­Bil­der, ent­lehnt mög­li­cher­wei­se aus dem Bereich der Wis­sen­schaft, der Tech­no­lo­gie. Für den Bereich der Kunst sind sie wenig tauglich.
Hal­ten wir also fest: wir haben es nicht mit einem Weg zu tun (den muss ja jemand vor­her schon ange­legt haben), son­dern — wol­len wir in bild­li­cher Spra­che blei­ben — mit Schrit­ten auf einem wei­ten Feld, oder doch bes­ser mit Such­be­we­gun­gen in einem Gebiet, wel­ches von nie­man­dem vor­her abge­steckt wurde. 

Über­win­det man das even­tu­el­le anfäng­li­che Unver­ein­bar­keits­den­ken zwi­schen figür­lich und abs­trakt las­sen sich sogar inter­es­san­te Par­al­le­len zwi­schen den Arbei­ten feststellen:
Neh­men wir das Leinwandbild:
Eine gro­ße Flä­che hel­ler, metal­li­scher Far­be scheint eine etwas klei­ne­re Flä­che zu ver­drän­gen, viel­leicht zuzu­schüt­ten. Dabei ist ers­te­re so ganz Flä­che, plan und in ihrer Aus­brei­tung zwei­di­men­sio­nal. Die klei­ne­re Flä­che hin­ge­gen sug­ge­riert durch eine nach oben hin gehen­de Auf­hel­lung auch eine Art Räum­lich­keit. Hier ent­steht ein Gegen­satz, eine Span­nung zwi­schen die­sen bei­den Bild­kon­zep­ten (Fläche/Raum).

Und ist es nicht so: Die Flä­che scheint zu domi­nie­ren und die­se Span­nung im nächs­ten Moment für sich, für ihre Vor­herr­schaft auf­zu­lö­sen? Die sicht­ba­ren Fließ­spu­ren an der ins­ge­samt dia­go­na­len Peri­phe­rie der metal­li­schen Flä­che impli­zie­ren dies: Sie wer­den die­sen dunk­le­ren, räum­li­che­ren Bereich des Bil­des in Kür­ze ver­deckt haben.

Jedoch ver­mag sich, trotz sei­ner quan­ti­ta­ti­ven Unter­le­gen­heit und sei­ner pas­si­ve­ren Aus­strah­lung, die­ser Bereich zu behaup­ten, und die Span­nung auf­recht­zu­er­hal­ten. Das schafft er nicht nur durch sei­ne schein­ba­re Raum­tie­fe, son­dern auch durch eine Struk­tu­rie­rung und Rhyth­mi­sie­rung durch die­se Ele­men­te, die ein wenig an Blu­men erinnern. 

Und eben die­ses Auf­recht­erhal­ten eines Span­nungs­ver­hält­nis­ses ‑und im Spe­zi­el­len: das Sich- Behaup­ten einer quan­ti­ta­ti­ven Unter­le­gen­heit gegen­über einer über­le­ge­nen Grö­ße- fin­den wir bei Julio Her­rera in unter­schied­li­chen For­men immer wieder. 

So auch in den figu­ra­ti­ven Zeich­nun­gen: Eben­falls dia­go­nal ange­legt fin­den wir in der einen einen Kon­trast zwi­schen eini­gen ins Sicht­feld ragen­den Ästen und Zwei­gen und dem
weiß belas­se­nem Blatt. Trotz­dem auch hier vom ers­ten Ein­druck her das opti­sche Gewicht doch bei der gezeich­ne­ten Struk­tur des Bau­mes lie­gen soll­te, hält der wei­ße Unter­grund dage­gen und schafft einen eigen­ar­ti­gen, nicht auf­lös­ba­ren Gegensatz.
Wäh­rend die­se Zeich­nung in ihrer Anla­ge an ame­ri­ka­ni­sche infor­mel­le Kunst erin­nert, scheint die ande­re Zeich­nung klas­si­scher, euro­päi­scher mit ihrer Posi­tio­nie­rung des Kop­fes auf dem Gol­de­nen Schnitt. Aber eben auch die­ser Gol­de­ne Schnitt ist ja u.a. ein ganz merk­wür­di­ges Ver­hält­nis zwei­er unglei­cher Flä­chen zuein­an­der, gleich­zei­tig Har­mo­nie und Span­nung vermittelnd.
(…)
Dass die­se Prä­senz einer Span­nung den Künst­ler umtreibt, sieht man auch an der Kon­zep­ti­on sei­ner Ausstellungspräsentation.
Schau­en Sie zum Bei­spiel auf die­se Wand­ar­beit mit den bei­den dort hin­ein­ge­häng­ten Zeich­nun­gen. Wie kann man nur die­se fili­gra­nen Zeich­nun­gen so bru­tal mit­ten in die­ses kal­te und abwei­sen­de Wand­bild setzen? 

Indem man inter­es­siert ist an Span­nungs­ver­hält­nis­sen. Halten
die­se fei­ne­ren Arbei­ten den Druck und die Über­macht ihrer Umge­bung aus? Wer­den Sie gar zum fes­ten Bestand­teil ihrer Umge­bung, zu einem Ant­ago­nis­ten, ohne den das Gan­ze nicht funk­tio­niert oder blei­ben sie ein kon­tras­tie­ren­der Fremd­kör­per, der unse­re Auf­merk­sam­keit gera­de wie­der durch sei­ne spe­zi­fi­sche Anders­ar­tig­keit auf sich zieht und so die Stär­ke der hel­len und dunk­len Keil­spit­zen pariert?
(…)

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